Der Weg des Kriegers

Himmel und Erde sind meine Eltern

Die Mitte ist mein zu Hause

Persönlichkeit ist meine Kraft

Innere Erkenntnis sind meine Augen

Sensibilität sind meine Ohren

Ehrlichkeit mein Talent

Lernen ist meine Meinung

Selbstschutz ist mein Gesetz

Immer bereit sein ist meine Strategie

Leere und Fülle ist meine Taktik

Jedes Verhältnis ist mein Prinzip

Mein Geist ist mein Freund

Unvorsichtigkeit ist mein Feind

Atmung ist mein Leben und Tod

Das „Sein“ ist mein Schwert

© Copyright Ralf Gumpfer 79
„Bushido der Weg des Kriegers“

Die Geschichte von der wundersamen Kunst einer Katze

Im Hause eines Fechtmeisters befand sich eine besonders freche Ratte gegen die auch die Kunst der Hauskatze nichts vermochte. Auch den Katzen der Nachbarschaft, die alle über einen guten Ruf als Rattenfänger verfügten, gelang es nicht, die Ratte zu stellen. Als schließlich selbst der Fechtmeister seine Kunst ergebnislos anwandte, kam ihm zu Ohren, in einem anderen Stadtteil hause eine Katze, der keine Ratte entginge, und er ließ diese sogleich holen.

Diese Katze nun, die sich in nichts von den anderen zu unterscheiden schien, jagte der Ratte allein durch ihren Anblick eine so ungeheure Furcht ein, dass diese wie gelähmt sitzen blieb und sich von der Katze ohne Widerstand aus dem Hause tragen ließ.

Alle Katzen versammelten sich nun um die alte und baten sie, ihr erstaunliches Geheimnis preiszugeben. Die andere Katze jedoch ließ sich erst einmal von den anderen Rattenfängerinnen über deren Methode berichten. Die erste Katze rühmte sich ihrer hervorragenden Gewandtheit, Kraft und Schnelligkeit und der akrobatischen Künste, die sie sich durch ihr unermüdliches Training erworben hatte.

Die alte Katze lächelte und meinte, wer so zielbewusst sei, hafte eben sehr am Erfolg. Technik sei jedoch nur sinnvoll als “eine Weise des Weges“. Abgetrennt vom Weg sei sie eben nur beschränkt wirksam.

Die zweite Katze berichtete, sie habe sich mehr in der Kraft des Geistes als in der Kraft des Leibes beübt. Die Technik stelle sich dabei von alleine ein. Auf diese Weise habe sie bisher jede Ratte fangen können, nur bei dieser einen besonders frechen und wilden hatte die Kraft des Geistes versagt. “Worum du dich da bemüht hast“, sagte die alte Katze, “Ist wohl das Wirken, das aus der Großen Kraft kommt, die Himmel und Erde erfüllt … Aber allein schon die Tatsache, dass du diese Kraft bewusst einsetzt und damit siegen willst, wirkt der Kraft und dem Sieg entgegen. Dein ICH ist im Spiel.“ Und die alte Katze verwies darauf, das mancher Gegner eben über mehr Kraft des Geistes verfüge – und dann sei ihre Lage nicht anders als die dessen, der sich auf die Geschicklichkeit und Kraft seines Körper verlasse. Nein, die Große Kraft sei dies nicht, nur ihr Spiegelbild, ein Abglanz, das vom ICH widergespiegelt wird.

Eine dritte, ältere Katze erklärte, dass sie sich weder auf die körperliche noch auf die geistige Kraft verlasse. Sie übe, so sagte sie, die Kraft des Herzensgrundes. “Ich versöhne mich mit meinem Gegenüber, lasse mich mit ihm eins werden und widersetze mich ihm nicht. Eine Ratte, die mich angreifen will, sei sie auch noch so stark, findet nichts worauf sie sich stürzen, nichts woran sie ansetzen kann. Aber die Ratte von heute ließ sich einfach nicht auf mein Spiel ein“.

Die alte Katze verwies auch hier auf die Absicht. “Was du Versöhnlichkeit nennst, kommt nicht aus Deinem wahren Wesen, nicht aus der großen Natur, es ist nur ein Trick, der den Geist in Verwirrung bringt. Nur wenn man an nichts denkt, wenn du nichts machst, sondern dich mit den Bewegungen der Schwingung deines Wesens überlässt, hast du keine greifbare Form mehr und nichts auf Erden kann als Gegenform auftreten; und dann gibt es auch keinen Feind mehr, der dir widerstehen könnte.“

Die alte Katze empfahl den jungen Rattenfängerinnen, das duale Denken und Wirken auf zugeben und sich in der Absichtslosigkeit zu üben, um ohne Ich-Bewusstsein zu handeln, dieses führt zum freien und vollkommenes Handeln, das keinen Fehler und keinen Aufwand an Anstrengung beinhalte, weil man dann nur den Weg seiner Natur folgt.

Und die alte Katze erzählte: “Es ist nicht lange her, da lebte in einem Nachbardorf ein Kater. Der schlief den ganzen Tag. Irgendetwas, das nach geistiger Kraft aussah, war nicht an ihm zu bemerken. Er lag da wie ein Stück Holz. Niemand sah ihn je eine Ratte fangen, aber wo er war, gab es ringsherum keine Ratten! Und wo immer er auftauchte oder sich niederließ, ließ keine Ratte sich blicken. Ich fragte ihn einmal, wie das zu verstehen sei. Er gab keine Antwort. Ich fragte ihn noch dreimal. Er schwieg. Aber eigentlich war es nicht so, dass er nicht antworten wollte, sondern er wusste offenbar nicht, was er antworten solle. Aber so ist es: “Wer weiß, der redet nicht; wer redet, der weiß nichts“. Dieser Kater war “nichts“ als sich Selbst geworden. Er hatte den höchsten Stand der Absichtslosigkeit erreicht. Von ihm kann man sagen, er habe den göttlichen Ritterweg gefunden: “Zu siegen ohne zu töten.“ Dem stehe ich noch weit nach.

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